Pflanzenportraits

Der Klatschmohn

Wer dieser Tage nach Wangelin kommt, dessen Augen können in sattem Rot baden. In unserem Garten, an den Wegesrändern, auf den Fluren und Felder scheint es zu brennen und zu glühen. Der Klatschmohn (Papaver rhoeas), auch bekannt unter seinen Pseudonymen Klatschrose, Blutblume, Kornrose, Feuermohn oder Grindmagen, lässt das Land erstrahlen. Mit seiner Blütezeit in Mai und Juni im Grunde eine Pflanze des Frühjahrs, gilt er dennoch als ein Bote des Sommers. 

Die hauchzarten Blütenblätter des Mohns halten nur zwei oder drei Tage, bevor sie verwelken. Dennoch hält sich die rote Pracht mitunter bis in den August, Tag für Tag neue rote Blütenblätter hervorbringend. Die einjährige, ca. 50cm hohe Pflanze, liebt sandigen und halbtrockenen bis trockenen Boden und ist recht anspruchslos. Dieser wahre Überlebenskünstler weiß daher auch die gegenwärtige Trockenheit für sich zu nutzen, um sich in ganzer Pracht zu zeigen. 

Mindestens ebenso eindrücklich wie die früher zum Färben genutzten knallroten Blütenblätter des Klatschmohns sind seine „Früchte“. Nach der Blüte bildet der Klatschmohn eiförmige Kapselfrüchte. Diese Porenkapseln tragen unzählige kleine, schwarze Samen. Wenn diese trocken sind, treten sie vom Wind geschüttelt aus den kleinen Löchern aus, so wie Salz austritt, wenn man den Salzstreuer schüttelt.Dieser soll übrigens der Mohnkapsel nachempfunden sein. 
Deshalb ist er im Wangeliner Garten auch im “Bionik”-Abteilung zu finden. Hier werden Pflanzen gezeigt, von denen der Mensch spannende Technik abgeguckt hat. 

Der lateinische Name des Klatschmohns „Papaver“ soll auf das Wort für Essen im Latein zurückgehen und eine Anspielung auf Kinderbrei sein. Besagtem Brei, der im Kindermund im alten Rom „Pappas“ hiess, sollen seinerzeit Schlafmohnsamen zugegeben worden sein, um die Kinderlein zu beruhigen. Der deutsche Name hingegen darf als Lautmalerei verstanden werden und soll vom Geräusch kommen, dass das Aneinanderklatschen der Blüten im Wind und bei Regen verursachen. Oder ist am Ende doch ein Hinweis auf die berauschende Wirkung einiger seiner Artgenossen?

Im alten Griechenland war der Mohn der Fruchtbarkeitsgöttin Demeter geweiht, weshalb z. B.   Brautpaare mit Mohnblüten überschüttet wurden. Hingegen sieht man im Christentum den Klatschmohn zusammen mit reifen Getreideähren als Bild für das Blut und den Leib Christi. 

Was uns heute als ein hiesiger Begleiter der Getreidefelder vorkommt, war nicht immer in unseren Breiten heimisch. Erst mit der Verbreitung der Getreide in der Jungsteinzeit, also zwischen 4500 und 3000 v. Chr., kam der Klatschmohn aus dem Mittelmeerraum in die hiesigen Breiten. Die Nähe zum Getreide ist nicht zufällig. Als sogenannter Lichtkeimer sucht der Klatschmohn Jahr für Jahr offene Flächen, die ihm die Getreidefelder bieten. Wieder bieten, muss man sagen. 

Mit dem Aufkommen der Breitbandherbizide in den 50er Jahren wurde allen zweikeimblättrigen Pflanzen der Garaus gemacht. Neben dem Mohn waren das auch die in seiner Nähe wohl gelittene Kornblume (Centaurea cyanus), die violette Kornrade (Agrostemma githago) oder die gelbe Saatwucherblume (Glebionis segetum). Während die Kornrade fast ausgestorben ist, überlebte der Klatschmohn auch auf Ausweichflächen. Seit den Bauern klar ist, dass sie sich mit den Pestiziden zwar den Mohn vom Leib halten, dafür aber Raum für andere, wesentlich schwieriger zu bekämpfende Gewächse geben, kommt der Klatschmohn zurück – auch dank der mit EU-Prämien stillgelegten Äcker, über Ackerränder und andere Brachflächen. Denn die winzigen und leichten Samen der Blume des Jahres 2017 verbreitet der Wind spielend. 

Doch wie lässt sich der Klatschmohn von anderen Mitgliedern der Familie der Mohngewächse (Papaveraceae) unterscheiden, etwa dem Sandmohn oder dem Saatmohn? Zunächst einmal durch seine kräftig roten Blütenblätter, meist mit einem großem schwarzem Grundfleck. Dann durch den behaarten Blütenstiel und die dicken eiförmigen Samenkapseln. Während der ebenfalls dunkelrote Sandmohn (Papaver argemone) eine keulenförmige Samenkapsel hat, die mehrfach länger als breit ist, unterscheidet sich der Saatmohn (Papaver dubium dubium) vor allem durch seine hellroten Blütenblätter. 

Der Klatschmohn sieht nicht nur gut aus, er enthält auch Bitterstoffe, Gerbstoffe oder Anthocyane, die durchaus gesund sind. Dennoch spielt er als Heilpflanze bei Erkältungen, Hautausschläge, Nervosität oder Schlaflosigkeit heutzutage wegen der unerwünschten Nebenwirkungen wie Erbrechen oder Magen-Darm-Beschwerden keine Rolle mehr. 

Anders als ein weiterer Verwandter, der rosafarbene Schlafmohn (Papaver somniferum), ist der klebrig-weisse Saft, der aus Stängel oder der unreifen Samenkapsel des Klatschmohns austritt, nicht berauschend. Dafür ist der Gehalt an Alkaloiden, vor allem Rhoeadin, zu gering. Und das Morphium fehlt völlig. Doch das soll uns nicht hindern, uns an der wilden und doch so zarten Schönheit des Klatschmohns zu berauschen.

[Quelle: NABU.de]